Berufliches Wohlbefinden

Berufliches Wohlbefinden ist von zentraler Bedeutung für die psychische und physische Gesundheit und hat maßgeblichen Einfluss auf die berufliche Tätigkeit und den Verbleib im Beruf. Berufliches Wohlbefinden umfasst positive und negative Emotionen sowie die Zufriedenheit mit dem Beruf. Personen mit einem hohen beruflichen Wohlbefinden...
- erleben positive Emotionen wie Freude in Bezug auf ihre Tätigkeit.
- sind zufrieden mit ihrer Arbeit und würden sich jederzeit wieder für den Lehrkräfteberuf
- erleben seltener negative Emotionen, wie Ärger und Anspannung. Sie leiden nicht unter Burnout-Symptomen, d.h. sie fühlen sich weder chronisch erschöpft von ihrer Arbeit, noch haben sie das Gefühl, zunehmend zynisch gegenüber den Schülerinnen und Schülern zu werden und den beruflichen Anforderungen nicht gewachsen zu sein
Aus verschiedenen theoretischen Perspektiven sind motivationale, soziale und kognitive Konsequenzen eines niedrigen beruflichen Wohlbefindens im Sinne von Burnout-Symptomen erwartbar (vgl. Fredrickson, 2001; Lazarus & Folkman, 1984). Spezifisch für den beruflichen Kontext von Lehrkräften postulieren Maslach & Leiter (1999) und Jennings & Greenberg (2009), dass insbesondere die Qualität der Interaktion zwischen Lehrkräften und den Schülerinnen und Schülern durch Burnout-Symptome beeinträchtigt sei. Unsere Forschung konnte erste empirische Hinweise zur Stützung dieser Annahmen liefern und einen Zusammenhang zwischen emotionaler Erschöpfung der Lehrkräfte und Unterrichtsqualität sowie Schülermotivation und -leistung zeigen (Klusmann et al., 2008; Klusmann et al., 2014; Klusmann et al., 2016; Klusmann et al., 2021).
Vor dem Hintergrund des Job-Demands-Resources-Modells (Bakker & Demerouti, 2007) und des Transaktionalen Stressmodells (Lazarus & Folkman, 1984) untersuchen wir als Determinanten des Wohlbefindens einerseits stabile persönliche Ressourcen von Lehrkräften, wie ihre professionelle Kompetenz und ihre Persönlichkeit, sowie die konkreten Tätigkeitsbereiche, die als stressrelevant erlebt werden. Wir konnten in empirischen Studien zeigen, dass die professionelle Kompetenz, aber auch die persönlichen Eigenschaften der Lehrkräfte systematisch mit ihrem beruflichen Wohlbefinden zusammenhängen (Klusmann et al., 2012; Roloff et al., submitted).
Um mehr über das Alltagserleben und kurzfristige Veränderungen im Wohlbefinden der Lehrkräfte zu lernen, führen wir - vor dem Hintergrund des Stress-Modells von Almeida (2005) - regelmäßig Tagebuchstudien durch. In diesen Studien berichten uns die Lehrkräfte über einen mehrwöchigen Zeitraum ihre täglichen positiven und negativen Erlebnisse sowie ihr Wohlbefinden. Es zeigten sich deutliche Schwankungen im Wohlbefinden von Tag zu Tag und, dass die alltäglichen Stressoren vor allem sozialer Natur waren (Aldrup et al., 2017; Schmidt et al., 2017).
Aktuell untersuchen wir im Rahmen eines DFG-Projekts (COACTIV-ExpeRt) die langfristige Entwicklungsperspektive. Wir betrachten, wie sich das berufliche Wohlbefinden in den ersten 10 Berufsjahren verändert und inwieweit sich eine spätere Erschöpfung bzw. Unzufriedenheit mit der beruflichen Situation möglicherweise bereits in den Anfängen der beruflichen Tätigkeit vorhersagen lässt. Dafür werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der COACTIV-Referendariatsstudie, die 2007 bis 2009 während des Vorbereitungsdienstes zu zentralen Aspekten professioneller Kompetenz, zu Merkmalen ihrer Persönlichkeit und zu den Lerngelegenheiten im Vorbereitungsdienst befragt wurden, erneut untersucht. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verfügen heute im Mittel über 10 Jahre Berufserfahrung. In mehreren Teilstudien werden erneut die Aspekte der professionellen Kompetenz, des beruflichen Wohlbefindens sowie verschiedene Indikatoren beruflichen Erfolgs erfasst.
Die beruflichen Anforderungen an Lehrkräfte sind hoch und können (phasenweise) zu einem reduzierten beruflichen Wohlbefinden führen. Mittlerweile existieren verschiedene Präventions- und Interventionsangebote zur Stärkung des Wohlbefindens und der individuellen Ressourcen. In einem aktuellen Projekt (SchuMaS) entwickeln wir auf Basis vorliegender, wissenschaftlich fundierter und evaluierter Programmbausteine eine Intervention, die sich ganz spezifisch an den Herausforderungen des Lehrkräfteberufs orientiert. Ausgehend von einer individuellen Diagnostik werden Strategien und Techniken zur Regulation von Stress und Emotionen, zur Achtsamkeit, zur Erholung und Distanzierung von beruflichen Belangen, zur Kommunikation in Konfliktsituationen und zur Zusammenarbeit mit Eltern und Schülerinnen und Schülern vermittelt und erprobt. Diese Interventionen sollen auf ihre Wirksamkeit und insbesondere mit Blick auf ihre Nachhaltigkeit evaluiert werden.
Unsere Arbeiten:
Aldrup, K., Klusmann, U., & Lüdtke, O. (2017). Does basic need satisfaction mediate the link between stress exposure and well-being? A diary study among beginning teachers. Learning and Instruction, 50, 21-30.
Aldrup, K., Klusmann, U., Lüdtke, O., Göllner, R., & Trautwein, U. (2018). Student misbehavior and teacher well-being: Testing the mediating role of the teacher-student relationship. Learning and Instruction, 58, 126-136.
Klusmann, U., Aldrup, K., Roloff-Bruchmann, J., Lüdtke, O., & Hamre, B. (2021). Does instructional quality mediate the link between teachers’ emotional exhaustion and student outcomes: A large-scale study using teacher and student reports. Journal of Educational Psychology.
Klusmann, U., Aldrup, K., Schmidt, J., & Lüdtke, O. (2020). Is emotional exhaustion only the result of work experiences? A diary study on daily hassles and uplifts in different life domains. Anxiety, Stress & Coping, 34, 173-190.
Klusmann, U., & Waschke, N. (2018). Gesundheit und Wohlbefinden im Lehrerberuf. (1. Aufl.) Göttingen: Hogrefe.
Klusmann, U., Richter, D., & Lüdtke, O. (2016). Teachers‘ emotional exhaustion is negatively related to students’ achievement: Evidence from a large-scale assessment study. Journal of Educational Psychology, 108, 1193-1203.
Klusmann, U., & Richter, D. (2014). Beanspruchungserleben von Lehrkräften und Schülerleistung: Eine Analyse des IQB-Ländervergleichs in der Primarstufe. Zeitschrift für Pädagogik, 60, 202-224.
Klusmann, U., Kunter, M., Voss, T,. & Baumert J. (2012). Berufliche Beanspruchung von angehenden Lehrkräften: Die Effekte von Persönlichkeit, praktischer Erfahrung und professioneller Kompetenz. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 26, 275-290.
Klusmann, U., Kunter, M., Trautwein, U., & Baumert, J. (2006). Lehrerbelastung und Unterrichtsqualität aus der Perspektive von Lehrenden und Lernenden. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 20, 131-173.
Klusmann, U., Kunter, M., Trautwein, U., Lüdtke, O., & Baumert, J. (2008). Teachers’ well-being and the quality of instruction: The important role of self-regulatory patterns. Journal of Educational Psychology, 100, 702-715.
Klusmann, U., Kunter, M., Trautwein, U., Lüdtke, O., & Baumert, J. (2008). Engagement and emotional exhaustion in teachers: Does the school context make a difference? Applied Psychology: An International Review, 57, 127-151.
Roloff, J., Kirstges, J., Grund, S., & Klusmann, U. (2021). How Strongly Is Personality Associated With Burnout Among Teachers? A Meta-Analysis. [Manuscript submitted for publication]. IPN – Leibniz-Institute for Science and Mathematics Education, Kiel.
Schmidt, J., Klusmann, U., & Kunter, M. (2016). Wird alles besser? Tägliches Erleben positiver und negativer Ereignisse von Lehramtskandidaten im Vorbereitungsdienst und Lehrkräften im Vergleich. Psychologie in Erziehung und Unterricht, 63, 278-291.
Schmidt, J., Klusmann, U., Lüdtke, O., Möller, J., & Kunter, M. (2017). What makes good and bad days for beginning teachers? A diary study on daily uplifts and hassles. Contemporary Educational Psychology, 48, 85-97.
Trauernicht, M., Oppermann, E., Klusmann, U., & Anders, Y. (2020). Burnout undermines empathizing: Do induced burnout symptoms impair cognitive and affective empathy? Cognition and Emotion.
Quellen:
Almeida, D. M. (2005). Resilience and vulnerability to daily stressors assessed via diary methods. Current Directions in Psychological Science, 14, 64-68. https:/doi.org/10.1111/j.0963-7214.2005.00336.x
Bakker, A. B., & Demerouti, E. (2007). The Job Demands‐Resources model: state of the art. Journal of Managerial Psychology, 22 (3), 309-328. doi:10.1108/02683940710733115
Fredrickson, B. L. (2001). The role of positive emotions in positive psychology. The broaden-and-build theory of positive emotions. American Psychologist, 56(3), 218–226. https://doi.org/10.1037/0003-066X.56.3.218
Jennings, P. A., & Greenberg, M. T. (2009). The prosocial classroom: Teacher social and emotional competence in relation to student and classroom outcomes. Review of Educational Research, 79(1), 491–525. https://doi.org/10.3102/0034654308325693
Lazarus, R. S., & Folkman, S. (1984). Stress, appraisal, and coping. New York, NY:Springer Publishing Company.
Maslach, C., & Leiter, M. P. (1999). Teacher burnout: A research agenda. In R. Vandenberghe & M. A. Huberman (Hrsg.), Understanding and preventing teacher burnout: A sourcebook of international research and practice (S. 295–303). Cambridge University Press. https://doi.org/10 .1017/CBO9780511527784.021

Der Persönlichkeit von Lehrkräften wird oft eine zentrale Rolle für den beruflichen Erfolg zugeschrieben.

Wissen zur erfolgreichen Bewältigung von sozialen und emotionalen Herausforderungen.

Wir bieten regelmäßig die Möglichkeit an aktuellen Studien zu unseren Projekten teilzunehmen.